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Thekla Walker MdL

Am Freitag, den 05.05. war ich endlich einmal wieder zu Besuch an der Freien Waldorfschule Böblingen. Vor etwas mehr als einem Jahr haben in einer beispiellosen Hilfsaktion, organisiert von engagierten Lehrer*innen und Familien der Waldorfschule, mehrere hundert Menschen aus dem Umfeld der ukrainischen Partnerschule Zuflucht in unserer Region gefunden. Wie es den Schüler*innen und ihren Familien heute geht und was sie sich von der Politik und für ihre ganz persönliche Zukunft wünschen – darüber haben wir gesprochen.

Eine Besonderheit von Waldorfschulen ist es, dass dort häufig Russisch als Fremdsprache unterrichtet wird. Da sich Sprache bekanntlich am besten lernen lässt, wenn man auch Gelegenheit hat sie praktisch anzuwenden, unterhält die Waldorfschule Böblingen eine Freundschaft mit einem Sprachgymnasium in Odessa, in dem schwerpunktmäßig Deutsch unterrichtet wird. Durch diesen Austausch sind Freundschaften zwischen den Schüler*innen der beiden Schulen und ihren Familien entstanden, die auch die Coronapandemie überstanden haben. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs standen die Böblinger Schüler*innen mit ihren ukrainischen Freunden über Social Media in Kontakt und haben ihnen spontan Hilfe und Zuflucht in Böblingen angeboten. Diesem Aufruf folgten letztendlich mehr als hundert Menschen aus dem Umfeld der Schule. Aus einer zeitlich begrenzt geplanten Reise nach Deutschland wurden viele Monate. Mich beeindruckt die große Hilfsbereitschaft der Schulgemeinschaft der Waldorfschule. Innerhalb weniger Tage wurde ein Helfer*innennetzwerk geschaffen, Unterkünfte und Dinge des täglichen Lebens organisiert. Nach nur wenigen Tagen konnten die ukrainischen Schüler*innen an der Waldorfschule zur Schule gehen. Im Gespräch haben sie mir verraten, dass gerade dieses Stückchen Normalität und geregelter Alltag für sie wichtig waren, um ihren Platz zu finden und sich in unserer Region heimisch zu fühlen. Sie und ihre Familien sind überaus dankbar für die große Hilfe, die sie an der Schule, in Böblingen und auf der Flucht erfahren haben.

Die Aufnahme der Menschen aus der Ukraine ist eine enorme staatliche Aufgabe. Bereits bestehende gesamtgesellschaftliche Probleme wie Wohnungsnot, Ärztemangel oder fehlende Kinderbetreuung wurden weiter verschärft und belasten die Menschen aus der Ukraine in einem besonderen Maß. Baden-Württemberg hat hier schnell und effektiv gehandelt und auch den Kommunen unter die Arme gegriffen – zum Beispiel mit einem speziellen Wohnbauprogramm. Trotzdem gibt es noch viel zu tun, beispielsweise bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse, um den Ukrainer*innen den Berufseinstieg in Deutschland zu erleichtern.